Der Zug 12.Ld4

Im letzten Beitrag hatten wir eine Lücke in unserem Repertoire entdeckt, die wir jetzt mit Hilfe von ChessBase schließen wollen.

Wir sehen im Live-Buch, dass es hier zwei wichtige Züge für Schwarz gibt, e5 und Lxd4. Wir können jetzt würfeln oder unsere engine etwas länger laufen lassen. Oder wir orientieren uns an einem chessable-Kurs oder einem Buch. Hier gibt es z.B. die Bücher von Jones und Giri. Jones empfiehlt Lxd4, Giri e5.

Ich wähle heute Lxd4 und analysiere das etwas. Das Ergebnis könnte so aussehen:

Ich finde das aus mehreren Gründen unbefriedigend. Auf der einen Seite ist es zu wenig, Jones widmet der Stellung immerhin mehr als 40 Seiten, zum lernen ist es trotzdem viel. Über die Qualität der Varianten will ich gar nicht reden. Was ich brauche, sind Gedächtnisstützen.

Hier kommt jetzt meine wichtigste Datenbank ins Spiel. Sie nennt sich “Bücher” und ist so eine Art Inhaltsangabe meine Schachbibliothek. Ich gebe die Stellung ein, mache einen Doppelklick auf die Datenbank, sage Liste filtern, Brett holen und suchen. Er findet knapp 100 Einträge. Hier ein Ausschnitt:

Ich muss meine Bücher verteidigen. Immer wieder höre ich den Satz “Die alten Bücher kannst du vergessen”. Mir hilft es sehr, wenn ich nachvollziehen kann, wie und warum sich die Bewertung einer Variante verändert an.

Ich fange also bei Boleslawski (1971) an. Dort steht zu e5: Schwarz muss Komplikationen anstreben, da wegen seiner Schwächen am Damenflügel das Endspiel nachteilig wäre. Dazu passend eine Partie von Suetin aus dem Buch Lehrbuch der Schachstrategie 1 von Koblenz.

12.Ld4 Lxd4 13.Dxd4 Db6 14. Sa4 Da5 15.b3 Tb8 16.Dc5!

Weiß erzwingt den Damentausch. Die Partie wird dann als Musterbeispiel für das Ausnutzen von Bauernschwächen angeführt.

Was lernen wir daraus? Schwarz würde gerne die Damen tauschen damit er nicht so schnell mattgesetzt wird. Das sollte er aber nur, wenn er dabei seine Bauernstellung repariert. 14.Dxb6 xb6 wäre völlig ok. Nach 14.Sa4 (es drohte übrigens Dxd4 nebst Sxc3) weicht er deshalb dem Damentausch aus. Ob man besser nach a5 oder c7 geht ist bis heute unklar. Der Zug b3 nimmt dem weißen Läufer das Feld b3, stärkt aber auch die weiße Stellung am Damenflügel. Jones analysiert beide Möglichkeiten ohne zu einem klaren Ergebnis zu kommen. 15. – Tb8 ist jetzt ein grober Fehler. Jones empfiehlt Le6. Ich will aber auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen. Von chessable gibt es Saric: Open Sicilians. Nach Le6 empfiehlt er die oben angegebene Variante 16.De5 Db4 17.Kb2 Tb8. Statt Tb8 spiele ich Dd6. Ein kleiner Trick. Wenn Weiß jetzt mit 18.Dxd6 xd6 19.c4 Se3 20.Txd6 einen Bauern gewinnt, hat Schwarz nach Tfd8 ausreichend Kompensation.

Und die Moral von der Geschichte. Ich würde obige Analyse in die Repertoiredatenbank aufnehmen und den Zug Le6 als Mein Zug markieren, da mich Partien zu dieser Variante interessieren. Ins Repertoire aber nur obige Variante mit 16.De5 und die Hauptvariante nach 16.Lc4 einfügen. Mehr kann ich mir nicht merken. Also laufen Repertoire und Repertoiredatenbank doch wieder auseinander? Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand lässt sich das kaum vermeiden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert